Sherlock Holmes: Chapter One Test

Sherlock Holmes Chapter One nimmt den Spieler auf eine fantastische Reise mit und führt ihn einmal mehr in die Welt des Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Doch der Name lässt den falschen Rückschluss zu, dass es sich bei diesem Spiel um den ersten Teil einer Reihe handelt. Vielmehr ist Chapter One der Nachfolger des etwas enttäuschenden Vorgängers „Devil´s Daughter“, beschäftigt sich jedoch mit einer jüngeren Version von Sherlock und stellt damit ein Prequel dar. Die Entwickler versprechen uns eine offene Welt, knifflige Rätsel und überraschende Wendungen. Wir haben uns angesehen, ob Chapter One den Erwartungen gerecht wird. Das Spiel, welches im November 2021 veröffentlicht wurde, ist für PC, Xbox und Playstation verfügbar.
Story
Zu Beginn des Spiels befinden wir uns auf einer fiktiven Insel im Mittelmeer. Hier wurde Sherlock Holmes im 19. Jahrhundert geboren, lange Zeit bevor er sich in London niedergelassen hat und gemeinsam mit seinem Freund Dr. Watson zur Legende wurde. Schnell wird dem Spieler mitgeteilt, dass die Mutter von Sherlock sehr früh an einer schweren, unheilbaren Krankheit verstorben ist. Doch in der Kindheit des Detektivs verstecken sich mysteriöse Geheimnisse und verdrängte Erinnerungen. Während der Spieler verschiedene Kriminalfälle löst, erhält er immer mehr Informationen zu den Geschehnissen während seiner Kindheit. Gleichzeitig erfährt der Spieler, wie Sherlock Holmes zu dem Mann wurde, den wir aus Film und Fernsehen kennen und lieben.

Viele der Rätsel und Kriminalfälle werden von der wunderbaren Atmosphäre der Mittelmeerinsel getragen. Zusätzlich begegnen wir zahlreichen Situationen, welche uns überraschen, verwundern oder schlicht und einfach verwirren. In Sherlock Holmes Chapter One gilt: Normal ist langweilig. Der Spieler trifft auf mysteriöse und übernatürliche Phänomene und hat mit Elefanten und Künstlern gleichermaßen wie mit Gaunern und Geschäftsmännern zu tun. Die Entwickler haben den Versuch unternommen, bizarre Fälle mit ernster und logischer Hintergrundgeschichte zu kombinieren. Dieser Versuch ist leider nicht immer perfekt gelungen, sodass es in einzelnen Fällen dazu kommt, dass man die Logik des Spiels hinterfragt. Wenn man sich jedoch auf übernatürliche und mysteriöse Fälle einstellt, wird man an dem neuen Sherlock Spiel große Freude haben.
Gameplay
Das Gameplay von Sherlock Holmes Chapter One baut auf verschiedenen Elementen auf. Als eines der Wichtigsten ist die Kostümkiste von Sherlock Holmes zu erwähnen. Mit dieser können wir uns nach Belieben verkleiden. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen wird dadurch jedoch nicht nur das Äußere verändert, sondern auch die Reaktionen der Passanten beeinflusst. Auf diese Weise kann sich Sherlock in bestimmte Personengruppen unerkannt einschleichen und erhält so wichtige Informationen. Diese können nur zum Teil auch auf anderem Wege erhalten werden, sodass der Spieler mit seiner Spielweise starken Einfluss auf die Entwicklung im Spiel nehmen kann.
Während des Abenteuers wird Sherlock mit zahlreichen Kriminalfällen konfrontiert, welche der Spieler lösen muss. Zu diesem Zweck werden Hinweise und Indizien gesammelt. Ausgehend von diesen Indizien muss man Schlussfolgerungen ziehen und den Täter überführen. Dies passiert im altbekannten Deduktions-Menü, wie man es beispielsweise vom Spiel Sherlock Holmes: Crimes and Punishments kennt. Wurden genügend Beweise gesammelt und kombiniert, kann der Täter verhaftet werden. Leider sagt das Spiel nicht immer, ob man mit seinen Schlussfolgerungen tatsächlich richtig lag und den wahren Täter überführt hat.
Neben den überwiegend starken Rätseln und Kriminalfällen bietet Sherlock Holmes Chapter One erneut Action-Szenen. Diese sind im Gegensatz zu den Quicktime-Elementen des Vorgängers nun im Stil eines Third-Person-Shooters gehalten. Der Spieler sollte jedoch stets darauf achten, möglichst gezielt die Gegner mit Köpfchen auszuschalten und nicht blind vor sich hin zu schießen. Denn nur so werden keine Punkteabzüge vorgenommen. Wer damit überhaupt nicht klar kommt, kann zum Glück auch viele der Schießereien mit etwas Geschick umgehen.

Alle Fälle, Rätsel, Action-Sequenzen und vieles mehr warten in einer offenen Welt darauf, entdeckt zu werden. Diese ist im Vergleich zu modernen Triple-A-Spielen mit gigantischen offenen Welten erfrischend überschaubar gehalten. Dafür ist sie besonders liebevoll gestaltet und überrascht mit vielen Details und humorvollen Dialogen. Vor allem die Gespräche zwischen Sherlock und seinem Jugendfreund Jon (Achtung, dies ist Jon ohne H, nicht John (Watson), welcher später zum besten Freund unseres Detektivs wird) bringen uns zum Lachen und Nachdenken gleichermaßen und stellen gewissermaßen das Herz des Spiels dar.
Grafik
Bevor wir die Grafik von Sherlock Holmes Chapter One bewerten möchte, wollen wir darauf hinweisen, dass es sich um ein Spiel eines kleinen Indie-Studios und nicht um einen Triple-A-Titel handelt. Unter diesen Voraussetzungen muss man die Grafik durchaus als sehr gelungen bezeichnen. Zwar handelt es sich nicht um fotorealistische Abbildungen, doch die Spielwelt ist detailreich und äußerst lebendig gestaltet. Die Videosequenzen entsprechen nicht dem aktuellsten Stand der Technik, bieten jedoch trotzdem hervorragende Qualität und wurden wunderbar umgesetzt.
Sound
Der Sound ist bei einem Spiel wie Sherlock Holmes Chapter One kein entscheidendes Kriterium. Dennoch müssen wir auf den fantastischen und atmosphärischen Soundtrack hinweisen, welcher maßgeblich dazu beiträgt, die Stimmung der Mittelmeerinsel in all ihren Facetten darzustellen. Die Musik, welche von Viascheslav Pakalin komponiert wurde, ist auch als digitaler Soundtrack zu erwerben. Über zweieinhalb Stunden klassischer Musik in Kombination mit dem Einsatz ungewöhnlicher Instrumente spiegeln die Welt von Sherlock Holmes perfekt wider.
Fazit
Wer ein Spiel mit jenem Sherlock Holmes, den man aus den Büchern von Arthur Conan Doyle kennt, erwartet, wird mit Chapter One kaum große Freude finden. Denn der junge Sherlock, das Setting auf einer Mittelmeer Insel und das Fehlen sonstiger beliebter Charaktere führen uns in eine gänzlich unterschiedliche Welt. Wer sich jedoch auf einen jungen Sherlock Holmes, auf mysteriöse Geheimnisse und übernatürliche Geschehnisse einstellt, erhält alles was man sich nur wünschen kann. Denn Chapter One ist vor allem eines: Ungewöhnlich. Hinzu kommen packende Rätsel, liebevolles Design und unglaublich witzige Dialoge. Die Action-Sequenzen hätten nicht sein müssen, zerstören den Spielspaß jedoch nicht und können größtenteils umgangen werden.
In Summe ist Sherlock Holmes Chapter One ein gelungenes Mystery-Krimispiel, welches die grauen Zellen des Spielers herausfordert. Für Krimi-Fans, Hobbyermittler und alle, welche an einer möglichen Vorgeschichte von Sherlock interessiert sind, ist das Spiel eine unbedingte Empfehlung. Doch auch allen anderen möchten wir das Spiel ans Herz legen. Sherlock Holmes Chapter One ist ein wunderbar umgesetztes Game eines Indie-Entwicklers, welches euch für zwanzig bis dreißig Stunden in eine einzigartige, atmosphärische Welt entführt.
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